Vollzugshilfe durch die Polizei

Behörden verlassen sich oftmals zu Unrecht auf die Unterstützung durch die Polizei bei der Durchsetzung ihrer originären Aufgaben

Immer wieder kommt es im Rahmen von Sachverhalten, die in die sachliche Zuständigkeit von Verwaltungs- und Ordnungsbehörden fallen, zu unterschiedlichen Sichtweisen über Umfang und Ablauf von Vollzugshilfe zwischen den anfordernden Stellen und der örtlich zuständigen Polizei.

Die Praxis zeigt dabei sehr oft, dass die zuständigen Behörden gerne auf die Ressourcen der Polizei zurückgreifen, um z.B. eigene Ressourcen zu schonen oder weil die tätig werdenden Dienstkräfte rechtlich nicht bzw. sehr unzureichend aus- und fortgebildet sind oder aber nicht über das ggf. erforderliche technische Equipment verfügen.

Grundsätzlich haben die originär zuständigen Behörden die ihnen im Rahmen der Aufgabenübertragung der einschlägigen Gesetze wie z.B. dem Ordnungsbehördengesetz (OBG) oder dem Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) obliegenden Aufgaben mit eigenen Kräften und soweit rechtlich zulässig mittels unmittelbaren Zwangs anzuordnen und durchzusetzen.

Aufgrund nicht vorhandener bzw. nicht ausreichender Aus- und Fortbildung der Vollzugsdienstkräfte, insbesondere in Bezug auf die Durchsetzung von angeordneten Maßnahmen im Rahmen des unmittelbaren Zwangs durch einfache körperliche Gewalt, ihrer Hilfsmittel oder zugelassener Waffen, wird oftmals von Anbeginn der Maßnahme versucht - ohne erkennbare konkrete Gefährdung - die Polizei hinzuzuziehen.

Rechtliche Bewertung

Die Amtshilfe ist in Art. 35 GG deklaratorisch geregelt:

„Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.“

Die Vollzugshilfe ist eine besondere Form der Amtshilfe. Sie ist eine spezielle Behördenbeistandspflicht, die der Polizei obliegt. Die Vollzugshilfe ist begrifflich auf die Anwendung unmittelbaren Zwangs beschränkt. Sie wird allen Verwaltungsbehörden und den Ordnungsbehörden geleistet.

Gemäß der meisten Polizeigesetze oder anderer speziellen Gesetze der Länder leistet die Polizei anderen Behörden auf Ersuchen Vollzugshilfe nur, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist und die anderen Behörden nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügen oder ihre Maßnahmen nicht auf andere Weise selbst durchsetzen können.

Grundsätzlich ist jedoch jede Behörde verpflichtet, die ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben mit eigenen persönlichen und sachlichen Mitteln zu erfüllen.

Dies gilt auch für die zwangsweise Durchsetzung behördlicher Maßnahmen einschließlich der Anwendung unmittelbaren Zwangs.

Grundsätze polizeilicher Bewertung für die Gewährung von Vollzugshilfe durch die Polizei

Bei Eingang eines Vollzugshilfeersuchens erfolgt eine Gefährdungsbeurteilung durch die Polizei. Auf der Basis

  •  einer vorliegenden Rechtsgrundlage der ersuchenden Behörde
  • vorliegender Tatsachen, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit unmittelbarer Zwang anzuwenden ist (nicht bloße Annahmen oder Vermutungen)
  • dass die ersuchende Behörde nicht über die erforderlichen Dienstkräfte verfügt oder die Maßnahmen auf andere Weise nicht selbst durchsetzen kann
  • eigener polizeilicher Erkenntnisse

erfolgt die Beurteilung, ob Bedienstete der ersuchenden Behörde beim Vollzug der Maßnahme unmittelbar gefährdet sind.

Beinhaltet das Ersuchen eine Freiheitsentziehung, so trägt die ersuchende Behörde die Verantwortung für die Zulässigkeit und die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung.

Liegt nach der polizeilichen Gefährdungsbeurteilung keine unmittelbare Gefährdung für Leben oder Gesundheit der Dienstkräfte der ersuchenden Behörde vor und reicht beim Vollzug der Maßnahme bereits unmittelbarer Zwang in Form einfachster körperlicher Gewalt (z.B. Festhalten und Verbringen zu einem Transportfahrzeug), ist nach dem Grundsatz der Subsidiarität polizeilichen Handelns zur Gefahrenabwehr Vollzugshilfe nicht zu gewähren.

Was bedeutet das in der Konsequenz?

Die hieraus zu ziehenden Konsequenzen für Behörden- und Amtsleitungen, auch in Bezug auf die Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beschäftigten mit Vollzugsdienstaufgeben, kann daher nur lauten:

  • Zur Erfüllung der den Vollzugsdienstkräften übertragenen hoheitlichen Aufgaben, insbesondere aufgrund der damit regelmäßig einhergehenden Einschränkungen in die Grundrechte auf Freiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung und körperlicher Unversehrtheit der betroffenen Person, ist eine umfassende Rechtssicherheit der entsprechenden Ermächtigungsgrundlagen durch ausreichende Aus- und Fortbildung unerlässlich.
     
  • Es ist, angepasst an die Anzahl zu bearbeitender Sachverhalte, ausreichend aus- bzw. fortgebildetes Personal vorzuhalten und bei Bedarf regelmäßig anzupassen.
     
  • Da es aus Erfahrung regelmäßig zur Androhung und Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung der angeordneten Maßnahme kommt und damit einhergehend immer eine gewisse Eigen- und Fremdgefährdung immanent ist, sind den Vollzugsdienstkräften entsprechende Eingriffstechniken zu vermitteln - auch, um Ihrer Garantenstellung nach § 13 StGB gerecht zu werden.
     
  • Zur professionellen Erfüllung der hoheitlich übertragenen Aufgaben der Vollzugsdienstkräfte, insbesondere im Rahmen der Anwendung unmittelbaren Zwangs, ist die Anschaffung der  rechtlich zulässigen Hilfsmittel der körperlichen Gewalt (z.B. Pfefferspray, Handfesseln oder Transportfahrzeug) sowie bei Bedarf auch der zugelassenen Waffen (z.B. Schlagstock) sachgerecht zu prüfen und zu beschaffen. Sofern solche Gegenstände bzw. Fahrzeuge beschafft werden, sind die Vollzugsdienstkräfte entsprechend regelmäßig daran aus- und fortzubilden.

Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 
 
 
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